„La La Land“ (2016)

In wenigen Stunden geht die diesjährige Oscar-Verleihung über die Bühne, und ein bereits vielfach gelobter und ausgezeichneter Film gilt dabei als großer Favorit: „La La Land“ von Regisseur und Drehbuchautor Damien Chazelle. Der Musicalfilm über die Schauspielerin Mia (Emma Stone) und den Jazzmusiker Sebastian (Ryan Gosling), die es beide in Hollywood schaffen wollen, wirkt teilweise wie aus einer anderen Zeit. Wer ein wenig mit den klassischen Hollywood-Musicals der goldenen Ära aber auch mit deren französischen Pendants vertraut ist, wird im Stil des Films sofort eine unmissverständliche Verneigung vor seinen Vorbildern erkennen können. Die Plansequenzen, die Farbkomposition, die Mise en Scène – „La La Land“ ist ein wunderschön anzusehender und zu erlebender Film, der vor allem seinem Regisseur Chazelle gehört. Die Handlung vermeint man zwar in Varianten bereits hunderte Male gesehen zu haben, doch ist dies durchaus nicht unbeabsichtigt, und ein paar kleine Twists, gerade am Ende, gestalten den Fort- und Ausgang dann doch anders, als man es vielleicht erwarten würde.

Seinen Charme bezieht „La La Land“ selbstverständlich auch aus der perfekten Chemie zwischen Stone und Gosling, für die es bereits die dritte Zusammenarbeit ist. Musikalisch gesehen – die Musik stammt, wie schon bei „Whiplash“, von Chazelles Studienkollegen Justin Hurwitz – sind die Musical-Nummern in Ordnung, aber nicht überwältigend. Einzig das Hauptthema „City of Stars“ reißt einen in seinen vielen verschiedenen Varianten mit, instrumental vielleicht auch noch „Mia & Sebastian’s Theme“. Die Anfangsnummer „Another Day of Sun“ wirkte auf mich im Kino trotz ihrer guten Choreographie etwas lasch, erst in der Wiederholung der Musik zum Ende des Films regte sie zum Mitschwingen an. Alle anderen Nummern hatte ich persönlich bereits bei Verlassen des Kinos schon wieder vergessen, und selbst der Kauf des Soundtracks konnte daran nicht viel ändern. Würde „La La Land“ auch ohne Gesang funktionieren? Ich glaube schon. „„La La Land“ (2016)“ weiterlesen

„Arrival“ (2016)

Nach Monaten hatte ich endlich wieder die Gelegenheit, ins Kino zu gehen, doch die Entscheidung, welcher Film es werden sollte, war mitnichten eine leichte. Der Februar ist – zumindest in Österreich – ein recht starker Kinomonat, schaffen es doch viele jener qualitativ hochwertigen Hollywood-Produktionen, die Ende des vorausgegangenen Jahres um der Wählbarkeit bei den wichtigen Filmpreisen willen auf den US-Markt kamen, endlich über den großen Teich. Was sollte es also werden? „Hacksaw Ridge“, „Hidden Figures“, „La La Land“ oder doch „Manchester by the Sea“? Es sagt wohl einiges über meine Begeisterung für „Prisoners“ (2013) und „Sicario“ (2015) des kanadischen Regisseurs Denis Villeneuve aus, dass ich mich für seinen bereits seit November 2016 bei uns in den Kinos zu sehenden jüngsten Film „Arrival“ entschied!

Und es wurde eine Entscheidung, die ich nicht bereut habe. „Arrival“ packt einen von der ersten Minute an und führt einen raschen Schrittes durch die mit Meisterschaft umgesetzte Exposition mitten in die Haupthandlung. Die titelgebende Ankunft ist jene außerirdischer Raumschiffe auf der Erde; sie konstituiert das wissenschaftliche Novum, das diesen im Hier und Jetzt verankerten Film zur Science-Fiction werden lässt. Um die mangels funktionierender Kommunikation unklaren Intentionen der Neuankömmlinge entschlüsseln zu können, sollen eine Linguistin (Amy Adams) und ein Physiker (Jeremy Renner) für das US-Militär (u. a. Forest Whitaker) Möglichkeiten der Verständigung finden. Was folgt ist ein die Wissenschaft ernst nehmender, vor allem aber philosophischer Film, der nie langweilig zu werden scheint. Die kühlen, entsättigten Bilder von Kameramann Bradford Young erzeugen eine Andächtigkeit, die es auch versteht, das Spektakuläre nicht überzustrapazieren. „„Arrival“ (2016)“ weiterlesen

Filmjahr 2016: Meine persönlichen Glanzpunkte

Es ist bitter, aber Leserinnen und Lesern dieses Blogs (sofern es solche überhaupt noch gibt) wird nicht entgangen sein, dass mein persönliches Kinojahr 2016 nicht nur katastrophal minimal war – nein, es war praktisch inexistent! Ganze vier (VIER!) Mal habe ich im nun zu Ende gegangenen Jahr einen aktuellen Film im Kino gesehen, nämlich „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ (den ich jedoch schon in den letztjährigen Rückblick einbezogen habe), „The Revenant“, „The Hateful Eight“ (dessen Rezension sogar in der Entwurfsphase steckengeblieben ist) und „Jason Bourne“. Weitere vier (VIER!) Filme habe ich im Rahmen einer Retrospektive im Filmmuseum gesehen (alle vier französische Kriminalfilme aus den Jahren 1958 bis 1962). Es gibt keine Ausreden mehr: Meine großen Kinogehzeiten sind endgültig vorüber. Vorbei sind die Jahre, in denen ich 20 bis 30 Mal regulär ins Kino gehen konnte (oft bereits am späten Nachmittag oder mehrmals am Tag), dazu nochmal so oft zu Retrospektiven. Was das für diesen Blog bedeutet, weiß ich noch nicht so recht. Wir werden sehen.

Das alles bedeutet aber nicht, dass das Jahr 2016 für mich persönlich kein filmreiches Jahr gewesen wäre. Bereits im Vorjahr habe ich meinen Jahresrückblick auch auf jene Filme gerichtet, die ich zuhause auf DVD, Blu-ray oder – ja, das gibt es auch noch! – im Fernsehen gesehen habe. Auch wenn die Anzahl solcher Filme gegenüber den Vorjahren ebenfalls stark zurückgegangen ist, so ist doch eine ganz ansehnliche Menge an älteren und neueren Filmen zustande gekommen. Vermutlich werden diese anderen filmischen Erfahrungen in Zukunft hier im Blog noch stärker in den Fokus rücken. „Filmjahr 2016: Meine persönlichen Glanzpunkte“ weiterlesen

„Jason Bourne“ (2016)

Für manche mag dies vielleicht übertrieben oder überraschend klingen, aber für mich persönlich war „Jason Bourne“, die Fortsetzung der „Bourne“-Trilogie („Das Bourne Vermächtnis“ lassen wir einmal außen vor), einer der am meisten antizipierten Filme dieses Jahres. Angefeuert wurde mein ohnedies schon großer Enthusiasmus dadurch, dass bei mir vor ein paar Monaten Regisseur Paul Greengrass’ letzter Film, der furiose „Captain Phillips“ mit Tom Hanks, am Programm stand – einer der spannendsten Filme, die ich dieses Jahr sehen durfte! Vor etwas mehr als einer Woche habe ich nun „Jason Bourne“ im Kino gesehen, und seitdem nagt der Film an mir. „„Jason Bourne“ (2016)“ weiterlesen

Die „Bourne“-Trilogie (2002–2007)

„Jason Bourne“ steht vor der Tür und so war es ein Gebot der Stunde, sich wieder einmal die bisherigen drei Filme der Reihe, die sich um den von Matt Damon verkörperten Titelhelden drehen, zu Gemüte zu führen: „Die Bourne Identität“ (2002), „Die Bourne Verschwörung“ (2004) und „Das Bourne Ultimatum“ (2007) (Wer mehr über den etwas außerhalb der eigentlichen Reihe stehenden Film „Das Bourne Vermächtnis“ (2012) erfahren möchte, sei auf meine damalige Kritik verwiesen.) Meine Vorfreude auf das Wiedersehen war sehr groß und – was soll ich sagen? – ich wurde nicht enttäuscht. Auch nach all den Jahren – ja, der erste Teil ist tatsächlich bereits 14 Jahre alt! – sind die drei Filme spannend wie eh und je. Obwohl ich die Handlungen kannte, befand ich mich fast durchgehend in einem Zustand der Begeisterung und Bewunderung.

Viel ist in den letzten zehn Jahren darüber geschrieben worden, wie diese drei Filme mit ihrem Realismus und ihrer Körperbetontheit genrebestimmend geworden sind, und dies kann mit ein wenig zeitlichem Abstand immer noch nur betont werden. Besonders „Das Bourne Ultimatum“ („The Bourne Ultimatum“) wird stets hervorgehoben für die Perfektion der seit 15 Jahren im Actionkino dominierenden shaky cam, die bis heute eigentlich nur Kameramann Oliver Wood und Regisseur Paul Greengrass so wirklich beherrschen. Jeder Thriller-Actionfilm der letzten Jahre muss sich an den „Bourne“-Filmen messen lassen. Ohne „Bourne“ hätte es vermutlich keinen Daniel Craig-James Bond gegeben. „Die „Bourne“-Trilogie (2002–2007)“ weiterlesen

„Das Bourne Vermächtnis“ (2012)

In meinem Beitrag über die „Bourne“-Trilogie erwähne ich auch „Das Bourne Vermächtnis“, weshalb ich hier auch meine ursprüngliche Kritik von Tony Gilroys Film wiederholen möchte.

Der folgende Beitrag erschien erstmals am 21. September 2012 in meinem Vorgängerblog Trofis feinste Auslese.

„Das Bourne Vermächtnis“ (2012, Tony Gilroy)

Die erste Einstellung: Ein Körper treibt im Wasser, wir sehen ihn nur aus der Tiefe im Gegenlicht. Doch dieser Mann muss nicht von Fischern gerettet werden – er befindet sich auf einem Trainingseinsatz in Alaska. Es sind solche kleinen Anspielungen, die mit den Reiz von „Das Bourne Vermächtnis“ ausmachen. Dabei musste man dem Film doch eigentlich mit einiger Skepsis begegnen. Es erschien zu sehr der Profitgier und dem Sequelwahn geschuldet, dass fünf Jahre nach Abschluss der hervorragenden Bourne-Trilogie plötzlich wieder ein Bourne-Film – ohne Jason Bourne! – in die Kinos kommen sollte. Da konnte auch die Tatsache, dass Tony Gilroy, Drehbuchautor der ersten drei Filme, diesmal auch die Regie übernehmen würde, die Zweifel zunächst nicht zerstreuen. Doch wie so oft sollte man sich nicht allein auf den ersten Eindruck verlassen. „„Das Bourne Vermächtnis“ (2012)“ weiterlesen

„The Revenant“ (2015)

Um eines gleich vorweg klar zu stellen: Ist „The Revenant“ ein guter Film? Definitiv. Hat der Film mir gut gefallen? Das kann ich nicht mit dieser Absolutheit sagen.

Regisseur Alejandro González Iñárritus erster Historienfilm, im verschneiten Mittleren Westen der USA im frühen 19. Jahrhundert angesiedelt, erzählt die Geschichte von Hugh Glass (Leonardo DiCaprio), dem Kundschafter einer von Andrew Henry (Domhnall Gleeson) angeführten Gruppe von Pelzjägern, der auch die Trapper John Fitzgerald (Tom Hardy) und Jim Bridger (Will Poulter) angehören. Glass findet sich plötzlich in einer Situation wieder, in der es unter widrigsten Umständen um das nackte Überleben in der Wildnis geht, wobei „The Revenant“ Überlebens- und Rachedrama zugleich ist.

Der Film hat bislang sowohl bei Zuschauern wie Kritik großen Zuspruch erfahren und gilt zudem als aussichtsreicher Kandidat für die diesjährige Oscar-Verleihung. Viele sehen nun auch endlich den Zeitpunkt für die längst überfällige Auszeichnung von Ausnahmeschauspieler Leonardo DiCaprio gekommen, der hier ohne Zweifel eine sehr gute Leistung abliefert (wie man es von ihm nicht anders kennt). Spitzzüngig könnte man behaupten, DiCaprio macht das, was er am besten kann: er leidet. Doch obwohl der Film ganz und gar einem Mann gehört, ist dieser Mann meiner Meinung nach nicht DiCaprio. Nein, „The Revenant“ ist durch und durch der Film von Kameramann Emmanuel Lubezki, dem Meister des Tracking Shot, der dieses Jahr absolut seinen dritten Oscar in Folge verdient hätte. Die Kamerabewegungen, die Perspektiven, das Licht – allein schon (oder vor allem?) wegen der Bilder lohnt sich „The Revenant“. „„The Revenant“ (2015)“ weiterlesen

„Birdman“ (2014)

In meinem Rückblick auf das Filmjahr 2015 habe ich auch „Birdman“ als eines meiner Glanzlichter des Jahres gewürdigt, weshalb ich hier auch meine ursprüngliche Kritik von González Iñárritus Film wiederholen möchte.

Der folgende Beitrag erschien erstmals am 19. Februar 2015 in meinem Vorgängerblog Trofis feinste Auslese.

„Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“ (2014, Alejandro González Iñárritu)

Der gealterte Schauspieler Riggan Thomson (Michael Keaton), der in jüngeren Jahren durch die Darstellung des Superhelden Birdman Berühmtheit erlangte, versucht ein seriöses Comeback am New Yorker Broadway. Wenige Tage vor der Premiere muss er jedoch mit seinen ihn nicht ernst nehmenden Schauspielkollegen (Edward Norton, Naomi Watts, Andrea Riseborough), seiner auf Entzug befindlichen Tochter-Assistentin (Emma Stone), seinem ständig aufs Geld schauenden Produzenten (Zach Galifianakis) und einer ihn verachtenden Theaterkritikerin (Lindsay Duncan) zurechtkommen, während ihn immer stärkere Selbstzweifel plagen. „„Birdman“ (2014)“ weiterlesen

Filmjahr 2015: Meine persönlichen Glanzpunkte

In den vergangenen Jahren habe ich in meinem Vorgängerblog stets ein Jahresranking der von mir im Kino gesehenen Filme publiziert (tatsächlich auf Facebook sogar noch vor Blogzeiten seit 2009). Das Bewertungsschema hat sich dabei im Laufe der Zeit immer wieder verändert, im Wesentlichen war ich aber stets bemüht, Filmen eine Benotung aufzudrücken. In den letzten ein, zwei Jahren habe ich mir damit jedoch immer schwerer getan, zumal diese Einschätzungen nie absolut sein konnten und sich daher je nach zeitlichem Abstand leicht veränderten.

Aus dieser Überlegung heraus habe ich beschlossen, mein altes System nicht mehr fortzusetzen. Was ich aber tun möchte, ist eine kleine Auswahl an Filmen zu bieten, die ich persönlich aus dem einen oder anderen Grund als besonders sehenswert, bewegend oder bedeutsam empfunden habe. Ich möchte mich dabei für die Zukunft gar nicht auf irgendeine Zahl festlegen. Wenn es etwas hervorzuheben gibt, dann soll es gesagt werden können, aber wenn nicht, dann muss es auch nicht sein. Die Auswahl spiegelt keine Wertung wider und hat nur bedingt mit meinen Empfehlungen zu den gesehenen Filmen zu tun – ein nicht perfekter Film kann im Laufe eines Jahres manchmal interessanter als ein makelloser sein. „Filmjahr 2015: Meine persönlichen Glanzpunkte“ weiterlesen

„Star Wars: Das Erwachen der Macht“ (2015)

Die siebte Episode der „Star Wars“-Saga ist vermutlich einer der am meisten ersehnten Filme nicht nur des Jahres 2015 sondern überhaupt aller Zeiten und zugleich einer, über den praktisch jeder (nicht nur die regulären Kritiker) bereits seine Meinung geäußert hat. Wie soll man als Filmblog darauf reagieren, zumal der Film bereits seit zwei Wochen in den Kinos läuft? Ich möchte daher anstelle einer regulären Rezension lediglich ein paar persönliche Gedanken und Gefühle über den Film zum Ausdruck bringen:

Meiner Meinung nach hätte Regisseur J. J. Abrams mit „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ so viel falsch machen können, er hat aber praktisch alles richtig gemacht. Keine Szene, die nicht eine Hommage an die Vorgängerfilme beinhaltet und doch im bewährten Schema eine originäre, spannende und zügig voranschreitende Handlung bietet. Ich wage sogar zu behaupten, dass der Film für sich alleine bestehen und auch von Menschen, die noch nie einen „Star Wars“-Film gesehen haben (gibt es so jemanden überhaupt noch?), mit Genuss gesehen werden kann. „„Star Wars: Das Erwachen der Macht“ (2015)“ weiterlesen